Tag 10

11. Juli 2019

Barbera - Triora

Der Ligurische Grenzkamm ist in dicken Nebel eingehüllt. Das schier unendliche Auf und Ab auf der holprigen Militärstrasse zehrt. Plötzlich merke ich, dass ich den Lunchsack im Refugio liegen gelassen habe. Muss ich jetzt auch noch verhungern, nachdem ich gestern schon verdurstet bin?

Zum Glück bleiben die Pfiffe der Murmeltiere aus. Kann man die überhaupt roh essen? Gedanken, ob ich essbare Blumen oder Wurzeln finden würde, oder ob ich es fertig bringen würde, ein Murmeltier zu melken, blitzen auf. 

Zum Glück ist das Geholper nach vier Stunden vorbei, sodass ich auf Asphalt nach Triora runter rollen kann. Ich denke mir: Per oggi, "Pasta" cosi! Ich beziehe ein wunderbares Zimmer mitten in der Altstadt von Triora und mache Siesta.

Tag 11

12. Juli 2019

Triora - San Lorenzo al Mare

Der letzte Berg sieht von hier aus riesig aus, ist aber nur 1200 m hoch. Zuerst geht es angenehm in Pinienwäldern bergauf. Es riecht nach Strandferien. Dann kommen Rampen. Diesmal drücke ich alle, auch die theoretisch nicht fahrbaren. Heute Abend kann ich meine Beine ja in den Service bringen. Als ich in der Anhöhe keine Berge mehr vor mir sehe, wird mir heiss und kalt, ich kriege Hühnerhaut. Mit feuchten Augen versuche ich bei der Abfahrt die Unebenheiten zu erkennen. Unten am Strand kommt kein Urschrei aus mir heraus. Ich stehe nur da, bade meine Füsse im Meer und bin platt.

Liebes Murmeltier

So, weisst du jetzt, was es zum Glücklichsein braucht?

Am Anfang steht ein Traum, den du mit aller Leidenschaft verwirklichen möchtest.

Dann brauchst du unbedingt Wasser und einen Lunch. Du musst wissen, dass sich hinter den noch so grossen Schutthalden dein Horizont erweitern wird. Gehe Schritt für Schritt und glaube daran, dass du es schaffen kannst. Da oben wirst du eine Spur erkennen, der du folgen kannst und die dich an neue Orte führt. Vielleicht ist die Spur anfangs noch holprig. Meistens aber ist sie wie von Engelshand geschaffen und ihr zu folgen bringt dich in Verzückung. Dann brauchst du unbedingt Freunde, die für dich - egal ob vor oder hinter der Schutthalde - pfeifen, denn ohne Freunde macht das alles keinen Sinn.

Danke, dass du mich auf meiner Reise begleitet hast!

Machs gut, Murmeltier, wir sehen uns wieder! 


Fazit

Auf der Tour durch die Alpen habe ich viele sehr hilfsbereite Menschen getroffen und interessante Gespräche geführt. 

Die vielen Kilometer konnte ich ohne einen einzigen Sturz oder eine Panne geniessen. Ich wurde oft überrascht und kam auch an Grenzen.

Ich habe so traumhafte Landschaften entdeckt, die ich unbedingt wieder aufsuchen werde. 

Und jetzt? Was kommt jetzt? Die grosse Leere?

Habe ich nicht das Val Maira sausen lassen müssen?

Ja, das Val Maira, das wäre doch noch so ein Traum...