Tag 7

8. Juli 2019

L' Echalp - Fouilluse

Ich bin bereits um 6.30 h auf dem Rad und erklimme vier abartige, über 2800 m hohe Pässe, die nur aus Steinen und Schotter bestehen. Insgesamt überwinde ich 2000m mit dem Bike auf dem Rücken und 1200 im Sattel. Ich bin dem Monviso, dem Kaiser der italienische Alpen, ganz nah. Ich kann von seinem Ablick nicht genug bekommen!

Mon-wieso tu ich mir das an? Doch die Traumabfahrten lassen mich die Qualen vergessen, sodass ich den nächsten Schutthügel voller Vorfreude in Angriff nehme. Die letzte Abfahrt nach über 11 Stunden ist nicht wegen dem Gelände gefährlich. Ich kann mich nicht mehr konzentrieren und begehe Fahrfehler. Mit leerem Blick erreiche ich die Unterkunft, wo es eine Viertelstunde später, um 19.00 Uhr, etwas feines zu Essen gibt. Ich bin mir sicher, dass der heutige Tag die Hauptprüfung des ganzen Vorhabens dargestellt hat.

Tag 8

9.Juli 2019

Fuillouse - Dalmazzo

Der Wetterbericht für heute verspricht nichts Gutes. Es sollen Gewitter aufziehen. Der Weg ins Mairatal bietet nur wenige Möglichkeiten für einen Unterschlupf. Ich entscheide mich für einen anderen, wunderschönen Passübergang mit Traumabfahrt, welcher ins Haupttal führt. Die Gegend erinnert mich an das Engadin. Hier beginnt eine 80 km Querung nach Osten über den langgezogenen Col de Larches. Mit dieser Umplanung gewinne ich ein bisschen Zeit auf Kosten des schönen Mairatales und erspare mir über 1000 Höhenmeter. 

Es kommt immer wieder Regen auf. In den Bergen höre ich Gewitter. Die Entscheidung war richtig. Das finden meine Beine auch.

Auf den Asphaltstrassen kann ich mich etwas erholen. Meine Gedanken schweifen. Mir kommt das Murmeltier in den Sinn, welches ich bei einer Abfahrt nach einer Kurve überrascht habe. Es rannte auf dem Trail um sein Leben und schaute immer wieder zurück. Hey, Murmeltier, merke dir: Wenn du in deinem Leben Sorgen hast, dann nützt es nichts, zurück zu blicken und auf demselben Weg schneller zu rennen. Dann musst du nach vorne schauen und einen anderen Weg einschlagen. 

Mir schiessen plötzlich Bilder der Tour durch den Kopf. Erst jetzt realisiere ich, was ich alles erlebt habe. Starke Emotionen kommen hoch. Diese Bilder werde ich wohl nie mehr los.

Tag 9

10. Juli 2019

Dalmazzo - Rif. Barbera

Wieder kracht es am Morgen im Norden in Richtung Valle Maira. Es geht noch einmal von fast Meereshöhe rauf auf 2200 m zum wahrscheinlich am südlichsten gelegenen Refugio der Alpen.

Der Aufstieg bei Nebel führt durch ein prachtvolles Nationalparkgebiet. Ich schraube mich vom üppigen Regenwaldklima hoch bis in ein schroffes Karstgebiet. Mir geht zuerst das Wasser und dann die Puste aus. Hier oben sucht man vergeblich nach Wasser, das hatte ich gelesen. Doch welcher Esel schleppt schon literweise Wasser mit. Dass ich jetzt auf einem sanft angelegten Karrweg fahre, der im Mittelalter für den Transport von Salz gebraucht wurde, gibt meiner trockenen Kehle noch den Rest. Ich sehe mich schon als Stockfisch enden. Soll ich die Altschneefelder auffressen? Die Murmeltiere pfeifen mich aus, sie wissen, wo es Wasser gibt. Sollten diese Wabbelbäuche in den südlichsten Alpen nicht Meerschweinchen heissen? Wartet nur, ihr kriegt spätestens im nächsten Winter euer Fett ab! Endlich erreiche ich das Tagesziel.
Das Refugio heisst Barbera, doch ich bestelle Wasser, viel Wasser.