Ich steige auf die 2500 m hoch gelegene Strada dell' Assietta im Gebiet Sestriere, ein 60 km langes Militärstrassennetz aus dem 1. Weltkrieg. Der auf dem Bergkamm angelegte Schotterweg bietet eine unglaubliche Weitsicht!
Um ins Tal zu stechen, verweist mich mein GPS auf die Asphaltstrasse. Ich frage einen beinrasierten, italienischen Biker, ob man auch auf dem Wanderweg, welchen ich erblicke, ins Tal biken könne. Er sagt: No, il Sentiero e pericoloso. Der "Asfalto" sei besser. Ich nehme den Pericoloso. Pericoloso heisst auf Schweizerdeutsch "trailig-flowig-chli-uusgsetzt"
Fast 1000 m tiefer ist aber fertig mit pericoloso. Auf der Talstrasse rolle ich ins 36° heisse Unterland und von da im Seitental, welches ans Maggiatal erinnert, mit gemischten Gefühlen, weil dort oben kein Bett mehr zu haben sei, wieder hoch auf 1500m.
Im Dorf setzt sich Carlo, ein Barbetreiber, intensiv für mich ein und reicht mir einen Zettel mit einer Telefonnummer. Ich soll 2 km talwärts fahren. Dort würde Elisa auf mich warten. Elisa rennt mir entgegen. Sie ist Mitglied des italienischen Langlauf-Nationalteams und ist gerade von einem 33 km Trailrun zurück. Die spinnt! Sie reicht mir den Schlüssel zu einem verlassenen Häuschen. Nach ihrer Instruktion rennt sie leider wieder von dannen. Aber ich habe ihre Telefonnummer. Ich nehme eine Kaltwasserdusche. Der Duschenboden ist sehr glitschig. Zum erstem Mal ist es heute pericoloso!
Über dem Col Giulian hängen dunkle Wolken. Es nieselt leicht. Das kommt mir beim schweren Aufstieg zum wunderschönen Hochplateau der "Tredieci Laghi" entgegen. Das Gelände ist rauh. Ich
schleppe das Velo stundenlang bei mittlerweile bestem Wetter durch die Gegend. Italienische Touristen, welche es mit der Sesselbahn hier raufgespült hat, trauen ihren Augen nicht, als sie einen
Biker sehen. Einer ruft: "Posso prendere una Foto per mia Mama!" Als ich ihm Auskunft über mein Vorhaben gebe, ruft er seiner Familie: "Che Cazzo! Vieni di Svizzera con bici!"
Es folgen weitere schwere Aufstiege, mittlerweile bei brennender Hitze. Die letzte Abfahrt zum Zielort ist das absolute Highlight des Tages und lässt mich die Strapazen vergessen. Ein perfekter
Biketrail durch eine Bilderbuchlandschaft!
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